Auch wenn wir schon seit einigen Jahren Straßenhunde in Osteuropa beobachten, hat diese
Tour viele meiner Ansichten nochmal ganz neu geprägt!
Es war die erste Tour, bei der wir mit GPS Halsbändern gearbeitet haben. Wir haben viele
Straßenhunde in unterschiedlichen Ländern mit GPS Halsbändern ausgestattet und viele
Ergebnisse haben mich extrem erstaunt!
Was für mich eines der verblüffendsten Learnings war, ist, wie viele Hunde Bezugspersonen
haben, die sich kümmern! So oft haben wir Locals vor Ort gefragt, ob dieser oder jener Hund
ein Straßenhund ist.
Wenn sich die Locals sicher waren, dass dieser Hund niemandem gehört und wir ein GPS
Halsband auf ihn hinauf gegeben haben, dann haben wir nicht selten festgestellt, dass
dieser Hund sehr wohl eine Bezugsperson hat, zu der er gehört!
(In vielen Ländern sagen Menschen nicht “das ist mein Hund”, sondern sagen stattdessen,
“ja, der wohnt hier, ich kümmere mich um ihn”. Menschen kaufen selten bis nie Hunde,
sondern haben ihre Lieblinge, die dann bei ihnen aus und ein gehen und versorgt werden.)
In Südgriechenland hat gegenüber von unserem Appartment eine alte Dame gewohnt, die
sogar Deutsch konnte, weil sie 30 Jahre lang in Deutschland gelebt hat. Sie war schon sehr
alt und ist viel vor dem Haus gesessen. Das Appartement war am Land in einem kleinen,
griechischen Dorf.
Und dort war auch eine gefleckte, große, etwas übergewichtige Hündin.
Ich hab sie gefragt, ob das ein Straßenhund ist. Sie hat das bejaht und mir erzählt, dass sie
die Hündin immer füttert, ihr immer etwas mitkocht und es ihr so leid tut, dass sie ein
Straßenhund ist. Sie würde sich so sehr wünschen, dass sie ein Zuhause bekommt.
Wir haben ihr ein bisschen von unserer Arbeit erzählt und sie hat immer wieder gefragt, ob
wir nicht etwas tun könnten, um diese Hündin zu vermitteln.
Die Hündin war zwar etwas übergewichtig, aber sonst hat sie gesund und munter
ausgesehen.
Wir haben ihr einstweilen ein Halsband mit GPS angezogen. Keine 3 Stunden später sehe
ich mein GPS Halsband in (!) einem Haus, keine 5 Minuten weit entfernt.
Mein Mann und ich gehen also zu dem Haus, sehen dort auch “unseren” GPS Hund aus
dem Haus laufen und stellen fest, dass dieser “Straßenhund” den die alte Dame täglich
füttert und den sie uns bat zu vermitteln, einem älteren Herren gehört der alleine lebt, sich
auch noch um einige Katzen kümmert und ganz besorgt war, was für ein Halsband sein
Hund da hat.
Wir haben das Halsband natürlich wieder abgenommen und uns entschuldigt.
In vielen Ländern ist es komplett normal, dass Hunde alleine spazieren gehen.
Und es kommt auch unter Einheimischen oft vor, dass niemand so genau weiß ob der Hund
jemandem gehört oder nicht.
Das macht für mich das Thema Tierschutz noch komplexer, als ich es vor dieser Tour schon
fand. Für den alleinstehenden Mann, der die Hündin seit Welpe an hat, wäre eine Welt
zusammengebrochen, wenn wir der alten Dame zuliebe versucht hätten, sie zu vermitteln.
Natürlich sind es zu viele Hunde auf den Straßen und “nichts machen” ist keine Lösung. Alle
vermitteln aber auch nicht.
Es ist ein schwieriges Thema. Kastrationsprojekte sind wohl das Einzige, was pauschal
immer sinnvoll ist. Alles andere muss man individuell sehen.
Was mir auch nicht bewusst war, ist, wie extrem aktiv manche (!) Hunde sind!
Der faulste Hund war nur 15 Minuten/Tag hochaktiv. (Hochaktiv = von A nach B gehen,
Rennen, Spielen, etc.) Der aktivste Hund über 8 Stunden/Tag!
Wenn wir in den Jahren davor Straßenhunde beobachtet haben, dann haben wir auch sehr
oft Hunde herumliegen gesehen. Aber die aktiven verliert man leicht aus den Augen, oder
sie gehen durch privates Gelände und man kann ihnen nicht mehr durchgehend folgen.
Dass sie dann vielleicht eine 4-stündige Bergtour machen und Touristen folgen und wie
häufig sie das tun, das war für mich immer schwer nachvollziehbar ohne GPS Halsbänder.
Umso spannender fand ich es, so intensiv in das Leben von einzelnen Hunden hinein
zoomen zu dürfen! Aber es gibt noch so viele offene Fragen in meinem Kopf, so vieles was
wir nicht über Hunde wissen und ihr könnt euch sicher sein - das war nicht die letzte
Straßenhundetour mit GPS Halsbändern.
Wir sind erst am Anfang! :)